Angeln macht Spass
Angeln beruhigt - nur eine Phrase oder mehr ?
Hätte mir jemand vor etwa 10 Jahren erzählt, dass mein Hobby einmal Angeln sein würde, wahrscheinlich hätte ich an seiner Menschenkenntnis gezweifelt. Angeln - das war für mich seinerzeit immer der Anblick, dass irgendwelche Leute an Ufern stehen, einen "Stock" mit Schnur ins Wasser halten und stundenlang auf die Wasseroberfläche starren - wie langweilig und überhaupt - was haben die eigentlich davon?
Doch alles sollte anders kommen, denn zum Angeln kam ich wie die Jungfrau zum Kinde.
Rückblick:
Kennen Sie das? Sie sind mit Partner und Kind im Urlaub, das Meer und ein herrlicher Strand liegen vor Ihnen. Sie freuen sich auf einen erholsamen Badetag und Ihr 11jähriger Sohn läuft neben Ihnen her mit den Worten "Mama, was machen wir denn jetzt?". Beschäftigung ist alles. Nun ja, am Strand gibt es ja auch genug Möglichkeiten, sich mit Sohnemann auszutoben. Zuerst geht der Partner mit dem Kind schwimmen und die beiden genießen die Brandung. Da heute wenig Kinder hier sind, sieht es so aus, als ob für uns drei ein Spieltag vorprogrammiert ist. Schade eigentlich, ich wollte auch ein wenig ausspannen - aber schauen wir mal. Nach einigen Runden Frisbee und Ballspielen, muss ich mich doch mal auf die Liege begeben und durchschnaufen. Mein Partner hat sich auch schon auf seinen Liegestuhl zurückgezogen. Pause - ah. Komisch - es ist schon über eine halbe Stunde vergangen und ich höre vom Nachwuchs gar kein Genörgel wie "was kann ich jetzt tun? oder "kommst du mit ins Wasser?". Was ist passiert?
Einige Meter weiter sitzt mein Sohn ruhig an dem relativ leeren Strand auf Karpathos und schaut mit Begeisterung einem einheimischen Fischer zu, der nur mit einer Angelschnur, Haken und Brot bewaffnet auf der Jagd nach Fischen ist. Der Fischer freut sich scheinbar über das Interesse meines Sohnes und bezieht ihn in seine Versuche ein. Er bastelt mit ihm eine zweite Angelvorrichtung, so dass Junior "ein neues Hobby entdeckt". Die Fische tummeln sich im Wasser und dessen nicht genug, denn wenn Kinder einmal von etwas begeistert sind, dann weiten Sie dieses Interesse zunächst groß aus. Das bedeutet in diesem Fall beim abendlichen Spaziergang im Hafen des Ortes, das Aufsuchen der verschiedenen Geschäfte, die Angeln und Angelzubehör verkaufen. Hier im Hafen stellt sich heraus, dass sich auch andere Kinder für die Fische und das Angeln interessieren. So kommt es nun, dass die Abende an der Kaimauer des Hafens stattfinden. Ältere Ansässige scheinen das Bild der begeisterten Kleinen zu kennen und stehen für die kleinen und großen Probleme des Nachwuchses immer hilfreich zur Seite.
Schön, das das Kind nun eine Beschäftigung gefunden hat, die Spaß macht - und wir können im Hafencafe gegenüber in Ruhe ein Gläschen des griechischen Weins genießen. In ein paar Tagen fahren wir ja wieder nach Hause und dann ist das Thema Angeln auch wieder vorbei. Das dachte ich - doch weit gefehlt. Denn als wir wieder zu Hause waren, hatte mein Sohn nichts besseres zu tun, als zu erforschen, wo man denn in der Nähe unseres Wohnsitzes überall angeln kann und darf. Zusammengefasst lief es darauf hinaus, dass wir uns gemeinsam erkundigten, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um in Deutschland zu angeln.
Nun - Kinder können mit Vollendung des 12. Lebensjahres den Jugendfischereischein erhalten. In Verbindung mit einer Angelkarte, der Mitgliedschaft in einem Angelverein und der sachkundigen Einweisung durch einen Inhaber des Fischereischeins zum Gebrauch einer Friedfischangel. Doch was versteckt sich in dieser Beschreibung - oder anders ausgedrückt: was macht ein inzwischen 12jähriger Junge daraus?
Zuerst hat er meinen Partner überzeugt, dass dieser den Fischereischein machen müsse und dann mit ihm und seinem inzwischen ausgestellten Jugendfischereischein gemeinsam einen Angelverein finden müsse. Gesagt - getan. Mein Partner, der nun bisher überhaupt keine Ambitionen hatte, sich mit dem Thema Angeln zu beschäftigen, saß in Null-Komma-Nichts im Vorbereitungskurs zur Fischereiprüfung. Jede Minute der Freizeit hieß es nun, die Bilderkarten der verschiedenen Fischarten zu studieren und ins Gedächtnis einzuprägen. Die Fragen zu Natur- und Umweltschutz (Gewässer- und Fischkunde), weidgerechtes Fischen und Hege-Maßnahmen sowie zum Fischereirecht beschäftigten uns drei nun in jeder freien Minute. Insbesondere nicht einfach, wenn man zuvor nichts - aber auch gar nichts - damit zu tun hatte. Dann kam der Tag der Prüfung - mein Partner stiefelte los - und das viele Lernen hatte sich gelohnt. Am späten Nachmittag kam er mit seinem niegelnagelneuen Fischereischein nach Hause. Sohnemann freute sich mächtig.
Ein Angelverein in der Nähe war auch bald gefunden - jetzt hieß es für die beiden nur noch, das Gelernte in die Tat umzusetzen und ... Fische fangen. Wenn da nicht der Teufel im Detail steckt. Mit dem Zubehör waren die zwei schnell ausgestattet, doch mit der Erfahrung(auch Praxis genannt) da ist das so eine Sache. Die ersten Ausflüge zum See waren landschaftlich sehr wertvoll. Mehr und mehr erhielten die beiden nun Tipps von älteren, erfahrenen Anglern. Sei es über die Stellen wo angeblich welche Fische stehen (ich habe dort nie etwas gesehen) oder aber was nun an diesem See fängig sei und was nicht. Von mal zu Mal wurde die Angelei ausgefeilt und verschiedene Angelmethoden, wie z.B. mit Futterkörbchen wurden ausprobiert. Und der Nachwuchs hatte seine ersten Erfolge. Karpfen und Rotaugen - später auch Forellen und Saiblinge standen von nun an häufiger auf dem Speiseplan.
Gott sei Dank hatte mein Partner zusätzlich die Aufgabe, des Fisch-Ausnehmens übernommen. Es war nicht unbedingt mein Ding, die Fische zu entschuppen und küchenfertig auszunehmen. Dem Keller, der bisher ausschließlich als Abstellkammer und Werkzeugsammelstelle gedient hatte, kam nun eine völlig neue Bedeutung zugute. Nach den ersten Angelausflügen - wie es sein musste, regnete es natürlich - war der Keller die Anlaufstelle, um all das triefende Zubehör entgegenzunehmen und hoffentlich irgendwann wieder trocken herauszugeben. Auch wurde die kleine Angelecke immer größer, denn bei jedem Besuch eines Angelladens fand einer von uns etwas, was man noch nicht hatte oder was man unbedingt auch mal probieren muss. Es häuften sich Angelruten, Kiepen, Angeltaschen, Kescher und tausenderlei an Kleinigkeiten, die zum Angeln dazugehören
Wenn das Wetter mitspielte - das heißt, wenn es etwas wärmer wurde, ging es los. Inzwischen gefiel es mir auch, mit am See zu sitzen und zuzuschauen. Gleichzeitig konnte ich in der Natur die Sonne genießen und die Beine baumeln lassen. Bis eines Tages - na ja ich saß auf dem Hocker meines Sohnes und sollte auf seine Angel achten - da kam jemand vom Weg herunter und hielt mir einen Ausweis unter die Nase mit den Worten: "Bitte zeigen Sie mal Ihre Papiere. Sind Sie berechtigt, hier zu angeln?" Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Schließlich habe ich doch nur die Pose beobachtet, damit mein Sohn keinen Biss verpasst. Schnell war alles aufgeklärt, denn Sohnemann kam gerade mit meinem Partner vom Vereinshaus zurück und die Sachlage klärte sich schnell auf.
Das sollte mir eine Lehre sein - denn so dämlich wollte ich nicht noch einmal da stehen. Ich beschloss also, für alle Fälle, ebenfalls den Fischereischein zu machen. Außerdem hatte ich beim Zuschauen inzwischen soviel Spaß an der Sache, dass ich selber mal versuchen wollte, zu angeln. Da aber die ganze Angelei durch meinen Sohn angefangen hatte, sollte er auch etwas mehr dafür tun. Da er inzwischen 14 Jahre alt war, trug ich ihm auf, mit mir gemeinsam die Ausbildung zu besuchen um die Fischereiprüfung abzulegen. Zunächst fand er das "ganz gemein" - dann hatte er aber auch Spaß. Einige Zeit später saßen wir nun zu dritt (alle mit Genehmigungen ausgestattet) am See - jeder auf seinem Hocker, die Angel in der Hand und in der Erwartung auf einen guten Fang.
Der Karpfen ist gelandet
Nach den ersten Fängen von Karpfen und Rotaugen - die meisten Bisse konnte Junior verzeichnen - wussten wir, das wir das richtige Hobby gefunden hatten. Es ist wunderbar, die Natur zu genießen - zum ersten Mal sah ich am See einen Maulwurf in freier Natur.
Am frühen Sonntagmorgen, wenn der Nebel noch von der Wasseroberfläche aufsteigt, gibt es nichts Schöneres als gemütlich am Ufer zu frühstücken, dem Sonnenaufgang entgegenzusehen und ein Pärchen Haubentaucher auf dem Wasser zu beobachten. Die Angelschnüre liegen schon fangbereit im Wasser und es scheint ein schöner Tag zu werden.
In den vergangenen Jahren zählten etliche Forellen, Rotaugen und Barsche zu unserer Beute - ach ja ich vergaß, zu erwähnen, dass Hobbies bei Kindern häufig nicht sehr lange vorhalten. So hatte auch mein Sohn nach einem guten Jahr wohl langsam genug von den schönen Angeltagen. Ihn zog es jetzt mehr dazu, mit "Kumpels" unterwegs zu sein oder zu erkunden, womit die Mädels ihre Freizeit vertreiben.
Soll heißen - mein Partner und ich haben jetzt ein Hobby, das wir von uns aus eigentlich nie gestartet hätten. Im Umkehrschluss muss ich allerdings anmerken, dass ich über diese Entwicklung sehr zufrieden bin. Denn - wie heißt es so schön - wer viel arbeitet, der sollte auch ein entspannendes Hobby haben.
Inzwischen sind die Angeltechniken etwas vielfältiger und mein Partner hört schon seit Jahren von mir den Spruch "Ich will irgendwann auch mal einen Hecht!" Alles habe ich getestet - vergeblich - die Räuber sind scheinbar nicht meine Sache. Um mich zu unterstützen, hat mein Partner viele Angeltage ausschließlich damit verbracht, für mich Köderfische zu angeln (kaufen kann die ja jeder). Wieder und wieder haben wir Angellektüren zur Hand genommen, um doch noch einen Tipp zu erhaschen - eine Version, die wir noch nicht getestet haben.
Auf zum See, ein gutes Plätzchen suchen und ein neuer Versuch. Wie immer wurde es ein langer Tag, an dem eine für Raubfisch "auf Grund" ausgestattete Angel am Uferkraut etwa zehn Meter seitlich heraus geworfen vor sich hin wartete, dass ein Fisch auf Sie aufmerksam wird. Wir beschlossen, dass der Tag ein Ende haben sollte, denn schließlich hatten wir etwa elf Stunden vergeblich gewartet. So begann ich ein wenig entmutigt, die Angel langsam hereinzuholen. Doch was war das - die Angel stockt. Na ja, wie häufig hatte ich hier schon Hänger. Also nochmals ruckartig ziehen, damit sich der vermutlich am Kraut hängende Drilling löst. Doch... seit wann zieht das Kraut zurück? Wie jetzt? Die Schnur läuft - das kann doch nicht - ist da etwa....? Jaaaa ... die Schnur zieht. Jetzt ist es soweit, ich habe tatsächlich etwas an der Angel und kann es kaum fassen. Ich rufe nach meinem Partner, der das genauso wenig glauben wie ich - aber die Schnur zieht ab - und ich drille. Das muss etwa Großes sein, soviel Körpereinsatz war noch nie erforderlich. Wir werden nervös....
Mein Partner hat schon den Kescher geholt und steht in voller Erwartung neben mir. Ich hole langsam ein und er hält den Kescher im Wasser um den richtigen Moment abzupassen. Doch was ist das? Mit einem Schwall Wassers kommt der Kopf eines riesigen Hechtes an die Oberfläche. Zwei große Augen schauen uns an und ich kann nicht mehr sagen, wer mehr erschreckt war, mein Partner, der Hecht oder ich. Der Fisch war mindestens 1,50 Meter lang und hatte einen gewaltigen Kopf. Mein Partner versuchte, mit dem Kescher den Fisch richtig zu erwischen, doch die Schrecksekunde war gegen uns. Im Kopf das Abwägen, ob der Kescher ausreicht und der Hecht, der nun nichts Besseres zu tun hatte, als eine Riesenrolle zu machen, sich über das Stahlvorfach kaputt zu lachen und wieder ins Kraut zu verschwinden. Ein aufregender Tag mit der Erkenntnis: das nächste was wir uns anschaffen, ist ein größerer Kescher - ein solches Prachtexemplar von Hecht wollen wir beim nächsten Mal auch landen und wenn wir bis zum Oberschenkel im Wasser stehen müssen.
Angeln beruhigt - wir können ein Lied davon singen.
Statt der erhofften Fische, die wir nach Hause tragen wollten, waren viele Tage dadurch erfüllt, neue Vögel auf dem See zu betrachten oder den Nachwuchs der Entenfamilien zu bestaunen. Fast hatte ich mich damit abgefunden, dass mir Hecht als Fang nicht gegönnt sei, als ich im vergangenen Jahr dann doch den Aufschrei "Fiiiiisch" verlauten lassen konnte. Mein erster richtiger Räuber - zwar kein Hecht - aber darüber war ich nicht böse. Denn nach einem guten Drill und dem Auffangen mit dem Kescher konnten wir beim letzten Tageslicht feststellen, dass wir den ersten Zander gelandet hatten.
Nun stellten wir uns darauf ein, dass unserem Gewässer nicht der frühe Morgen sondern mehr der späte Abend geeignet war, um einen schönen Hecht oder Zander zu fangen. Im vergangenen Jahr gelang dies noch zwei Mal - außerordentlich lecker !
Nun schauen wir mal, was uns dieses Jahr bringt ! Hoffentlich viel Fiiiiiiiiiiiiiiisch !